Im Rahmen der Nachhaltigkeitspläne sollen die Universitäten die bisherige Energieversorgung von Forschung und Lehre auf den Prüfstand stellen: In diesem Zuge soll die Energieversorgung schnellstmöglich und vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt werden, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen. Soweit diese auf Strom basiert, soll auf klimaneutrale, zertifizierte Ökostromtarife zurückgegriffen werden. Soweit die Universitäten auf eigene, mit fossilen Brennstoffen betriebene Kraftwerke, insbesondere bei Kooperationen mit Energieversorgern, setzen, sollen frühzeitig verbindliche Laufzeitpläne festgelegt werden, die die Einhaltung der Netto-Null bis 2030 gewährleisten können. Weiterhin sollten die Universitäten parallel dazu nicht nur Maßnahmen ergreifen, um in Forschung und Lehre Energie einzusparen. Dies kann zum einen durch energetische Sanierungen von Universitätsgebäuden geschehen. Zum anderen sollen die Universitäten nach Kräften eigene Energiequellen erschließen. Soweit dies möglich ist, sollen Dach- und Freiflächen zur Erzeugung von Solarstrom genutzt werden – entsprechende Vorbildprojekte existieren bereits. Andererseits können die Möglichkeiten bestehender Wärmequellen genutzt werden: Neben der Nutzung von Tiefengeothermie bieten sich dazu auch die Möglichkeiten von Wärmequellen von Rechenzentren oder Ähnlichem an. Weil derartige Umstellungsverfahren jedoch äußerst kostenintensiv sein können und nicht zu Kürzungen bei Forschung und Lehre führen dürfen, muss die Landesregierung respektive das Wissenschaftsministerium hierbei die Universitäten finanziell in ausreichendem Rahmen unterstützen.
3. Ressourcenschonende Lehre und Forschung:
Auf der anderen Seite sollen die Universitäten in der Lehre Strategien zur Müll- und Wasservermeidung ergreifen. Papier sollte gespart werden, wo immer Arbeitsblätter oderHandouts keine unbedingte Notwendigkeit darstellen. Dies kann auch durch die Ausweitung von OnlineLizenzen und Upload von Vorlesungsunterlagen geschehen. Auch die Hochschulbürokratie sollte für einen ressourcenschonenden Umgang mit Papier sensibilisiert werden. Zusätzlich sollte stets die Menge der Müllproduktion und der Wasserverbrauch beobachtet und evaluiert werden.
Überdies begrüßt der Ring Christlich-Demokratischer Studenten Baden-Württemberg die gezielte Kooperation mit den an den Hochschulstandorten engagierten studentischen Beratungen, die wertvolle Expertise im Themenbereich Sustainability einbringen und Strategien zur nachhaltigen Entwicklung des Campusalltags entwickeln und diese implementieren können.
4. Nachhaltige Mobilität fördern
Zuletzt sollen die Universitäten nachhaltige Mobilität unter Mitarbeitern und Studenten fördern. Dies beginnt beispielsweise mit der Einrichtung von ausreichenden und guten Fahrradstellplätzen, führt jedoch auch hin zu Ladesäulen für mögliche E-Autos und E-Bikes von Mitarbeitern und Studenten. Darüber hinaus soll die Verfügbarkeit von Wasserstofftankstellen geprüft werden. Bei der Durchführung von Dienstreisen soll grundsätzlich das Ziel bestehen das verursachte Co2 zu kompensieren. Weiterhin sollen Dienstfahrten von Universitätsmitarbeitern nach Möglichkeit mit dem Zug oder dem ÖPNV und nicht mit Flugzeug bestritten werden. Soweit dies nicht möglich ist, solle eine CO2- Kompensierung bei unvermeidlichen Dienstreisen per Flugzeug stattfinden. Zuletzt muss jedoch auch im Falle von Kompensationsleistungen sichergestellt werden, dass dabei nur auf hochwertige und unabhängig geprüfte CO2-Minderungszertifikate gesetzt wird. Zudem soll dies nur eine „Notlösung“ sein und in der Praxis nur nach dem Schema „Vermeiden, vermindern, kompensieren“ stattfinden, um Mitnahmeeffekte zu vermeiden.
Begründung:
Das Land Baden-Württemberg hat sich mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg (KSG BW) vom 12. Oktober 2021 verpflichtet (Paragraf 7 Absatz 2), die Landesverwaltung bis zum Jahr 2030 netto-treibhausgasneutral („klimaneutral“) zu organisieren. Dies betrifft somit auch die Universitäten. Vielerorts existieren zwar bereits sinnvolle Nachhaltigkeitsprojekte, jedoch reichen diese nicht aus, um das ambitionierte Ziel der Netto-Null bis 2030 zu erreichen. Die meisten Nachhaltigkeitspläne der Universitäten stammen aus der Zeit vor der Novellierung des KGS BW vom 12. Oktober 2021 und visieren dabei auch nur das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 an, was der Novellierung jedoch nicht mehr entspricht. Teilweise existieren sogar keine (öffentlichen) Nachhaltigkeitspläne oder nur solche, die kein konkretes Jahresziel zur Klimaneutralität ausweisen. Gerade im Bereich der Energieversorgung von Forschung und Wissenschaft bestehen vielerorts noch gravierende Mängel: Zum einen weisen verschiedene Universitäten auf ihren Websites aus, dass sie ausschließlich sog. „Ökostrom“ nutzen würden. (35) Dies ist jedoch mindestens irreführend, da der Begriff über keine einheitliche Definition verfügt – oftmals liegt der Verdacht von sog. „Greenwashing“, mithin dem Vortäuschen von Nachhaltigkeitsbestrebungen, nahe. Dieser Verdacht erhärtet sich nicht nur dadurch, dass die Universitäten intransparent über ihre Energieversorgung informieren, sondern auch dadurch, dass sich bei Nachforschungen ergibt, dass es sich dabei nicht um entsprechendzertifizierten Ökostrom handelt. Exemplarisch steht hierfür die Universität Heidelberg, die zwar mit Ökostrom für sich wirbt, es sich aber durch Nachforschungen herausstellte, dass es sich um eine der oben dargestellten „Greenwashing-Tarife“ handelt. Im Vergleich dazu ist die Universität Hohenheim hier positiv zu erwähnen, welche auf einen Ökostrom-Tarif zurückgreift, der mit dem oben benannten Label „Grüner Strom e.V.“ zertifiziert ist. Daher muss einerseits transparent über die Nachhaltigkeitsbestrebungen informiert werden, andererseits sollten die Universitäten nur noch auf oben benannte, zertifizierte Tarife zurückgreifen dürfen.
Gleiches gilt für die Kompensation von unvermeidbaren Emissionen von Treibhausgasen: Hier darf – um Greenwashing und Mitnahmeeffekte zu unterbinden – nur auf zertifizierte und hochwertige Kompensationsprojekte zurückgegriffen werden. Exemplarisch kann hier das Label von Fair Trade stehen, das besonders gute Projekte mit dem sogenannten Gold Standard auszeichnet, welcher sowohl die Beiträge zu Emissionsminderung als auch zur nachhaltigen Entwicklung einbezieht. Der sog. „KIT-Masterplan“ existiert zwar, ist jedoch nicht öffentlich einsehbar.keine Publikationen mit anvisierten Klimazielen von den Universitäten Konstanz, Tübingen, Heidelberg, Ulm.
Zum anderen müssen die Universitäten auch eigens betriebene Kraftwerke bei ihren Nachhaltigkeitsbestrebungen mit einbeziehen. Verschiedene Universitäten betreiben dazu eigene, gasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK), um die eigenen Campus mit Strom, und (Fern-)Wärme versorgen. Dies Form der Energieversorgung kann aus den folgenden grundsätzlichen Gründen jedoch nicht langfristig bestehen bleiben: Spätestens der russische Angriffskrieg auf die Ukraine gebietet es, die Energieabhängigkeit von (russischem) Gas zu reduzieren. Vor Kriegsbeginn lag die Abhängigkeit von russischem Gas bei ca. 55 %. (39) Zwar wird dieser Anteil schrittweise gesenkt. Es darf jedoch nicht sein, dass die Universitäten somit unter Umständen zum Teil den russischen Angriffskrieg mitfinanzieren, sei es auch nur zu einem kleinen Teil. Auch unabhängig vom russischen Angriffskrieg darf Gas nicht eine der präferierten Energieformen bleiben, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen möchte. Die Förderung und Nutzung von fossilem Gas emittieren Tonnen an klimaschädlichen Gasen wie Kohlenstoffdioxid und Methan. Zwar bestehen teilweise auch schon Planungen, von fossilen Brennstoffen unabhängig zu werden – diese sollen am Beispiel von Heidelberg jedoch erst ab 2025 zu Vertragsverhandlungen und erst 2040 zum Auslaufen des für den Campus betriebenen Gaskraftwerks führen. Das kann nicht mit dem Ziel der Netto-Null bis 2030 zusammenpassen – ansonsten würde dies auch zu erheblichen Kompensationsleistungen führen. Auch im Bereich der Mobilität müssen die Universitäten aufholen: Es kann nicht sein, dass ca. 90 Prozent der durch Dienstflüge entstehenden Emissionen in der Landesverwaltung auf die Hochschulen entfallen und sich Zahlen allein zwischen 2013 und 2018 um 66 Prozent zugenommen haben. (40) Dies hängt zwar stark mit der zunehmenden internationalen Vernetzung der Hochschulen zusammen, darf jedoch nicht zu einem Bruch mit dem KGS BW führen.
(39) Vgl. E.ON, Der Forschung einheizen: Universität Heidelberg, www.eon.com/de/geschaeftskunden/erfolgsstorys/heidelberg-universitaet.html; abgerufen am 16.05.2022. 30 Universität Heidelberg; Sonnenstrom für die Universität Heidelberg, Pressemitteilung Nr. 228/2011, 7. Juli 2011; https://www.uni-heidelberg.de/presse/news2011/pm20110707_solar_university.html; abgerufen am 10.06.2022
(40) Vgl. EHA, CO2-Kompensation – zweifelhafter Ablasshandel oder gute Tat?, https://www.eha.net/blog/details/co2-kompensation-green-washing.html, abgerufen am 12.06.2022.
Universität Freiburg, Auf dem Weg zur klimaneutralen Universität; https://kommunikation.unifreiburg.de/pm/online-magazin/vernetzen-und-gestalten/auf-dem-weg-zur- klimaneutralen-universitaet, abgerufen am 12.06.2022; Universität Hohenheim, Leonhard Mair; Hohenheimer Energiemanagerin im Interview,
https://www.uni-hohenheim.de/alumni- newsartikel?tx_ttnews%5Btt_news%5D=50648&cHash=fd2b85cbe5d4d686b9fe57f9e05e13b7, abgerufen am 12.06.2022; BNN, Edith Kopf; Hochschule Pforzheim wird klimaneutral: Kommt eine Seilbahn zum Bahnhof?; https://bnn.de/pforzheim/pforzheim-stadt/hochschule-pforzheim-wird-klimaneutral-kommt-eine-seilbahnzum- bahnhof; abgerufen am 12.06.2022.
(35) Siehe: Universität Heidelberg, Nachhaltigkeit; https://www.uni-heidelberg.de/de/universitaet/das-profil-der- universitaet-heidelberg/nachhaltigkeit, abgerufen am 07.06.2022.
(36) Quarks; Frank, Annika; Darum ist in Ökostromtarifen oft nicht nur Ökostrom drin; https://www.quarks.de/technik/energie/darum-ist-in-oekostrom-tarifen-oft-nicht-nur-oekostrom-drin/, abgerufen am 10.06.2022.
(37) Universität Hohenheim, Konstantinidis/Töpfer; Sparen ist grün: Universität Hohenheim bezieht klimagerechten Strom; https://www.uni- hohenheim.de/pressemitteilung?tx_ttnews%5Btt_news%5D=8564&cHash=06fa8080188dd162cdf56916f60419 a5; abgerufen am 12.06.2022.
(38) EHA, CO2-Kompensation – zweifelhafter Ablasshandel oder gute Tat?, https://www.eha.net/blog/details/co2- kompensation-green-washing.html, abgerufen am 12.06.2022.
(39) BR, Schnuck, Oliver/Zierer, Maximilian; Öl und Gas: Wie belastbar sind die Zahlen?; https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/oel-und-gas-aus-russland-wie-belastbar-sind-die-zahlen,SzfroYO, abgerufen am 16.05.2022.
(40) Forschung und Lehre, dpa, Minister rügt Hochschulen nach Dienstflügen; https://www.forschung- undlehre.de/politik/minister-ruegt-hochschulen-nach-dienstfluegen-2908; abgerufen am 12.06.2022.